Unsere Erfahrungen mit dem Schraubverschluss…

Dirk Würtz, redet auf blog.stern.de Klartext zum Thema Kork !

Als wir Ende der 90er Jahre uns immer mehr über die wechselhafte Korkqualität geärgert hatten suchten wir damals nach Auswege… Schraubverschluss ? Nein das war ja nur was für einfache Weine… viel zu billig…

Zur der Zeit wurden die ersten Kunststoffkorken auf den Markt gebracht. Endlich Weine ohne Qualitätsschwankungen von Flasche zu Flasche. Der Korkmuff war ja nicht einmal das große Problem sondern die schleichenden Korkfehler. Die Weine unter den betroffenen Korken waren weniger fruchtig, hatten zum Teil komische Bittertöne und … der Wein war sein Geld nicht wert !!! d.h. Aus Verbrauchersicht war es die Schuld des Weinmachers und nicht des Verschlusses. Nur eine Konterprobe konnte da Sicherheit schaffen.

Übrigens, müssen heute immer noch zwei Flaschen Weine zu Wettbewerbe eingereicht werden, wenn diese mit einem Kork verschlossen sind… Bei Alternative Verschlüsse genügt eine Flasche.

Unser Ausflug zu den Kunststoffkorken endete allerdings ein paar Jahre in einem Desaster. Die Weissweine oxidierten nach 3-4 Jahren ganz stark, so dass wir mit großen Reklamationen konfrontiert wurden.

Doch wohin sollte die Reise gehen???

Glücklicherweise waren wir damals schon ein paar Jahre in Neuseeland aktiv. Dort hatte man Anfang der 2000er Jahre ganz schnell auf Schraubverschluss umgestellt. Was Schraubverschluss? So gute Weine und dann so ein billiger Verschluss. Warum machen die sowas???

Und nun galt es für diese Frage fundierte Antworten zu finden.

In Australien wurden schon seit längerer Zeit Vergleichsstudien zwischen einzelnen Verschlüsse durchgeführt. Dort haben einige Menschen sehr tief und genau nach Vergleichsfüllungen gesucht und sehr viele Daten zusammengetragen. Gleichzeitig galt es die Fehlerquellen beim Verschliessen mit dem Schraubverschluss zu dokumentieren und auch die Problematik bei bestimmten Weinproduktionsbedingungen zu berücksichtigen.

Heraus kam dabei die „Screwcap Bible“ „Taming the screw“ von Tyson Stelzer.

Dieses Buch darf bei keinem Winzer fehlen, der seine Weine unter Schraubverschluss füllt.

Mit diesem neuen Wissen hatten wir dann zur Prowein 2004 unsere ersten Weine unter Schraubverschluss der Öffentlichkeit vorgestellt. Mut machte uns zuvor ein Gespräch mit Hannes Hirsch vom Weingut Hirsch in Österreich. Er hatte schon 2003 seine Produktion umgestellt. Die Begeisterung bei seinen Kunden war so groß, so dass er einen größeren Absatz hatte.

Auf jener Prowein konnten wir die Resonanz sofort spüren. Es ging von „Die sind verrückt… Das geht doch gar nicht … bis hin zu Endlich fängt jemand damit in Deutschland an !!!“

Doch die meisten fragten uns nur „Warum macht ihr das ?“ Und schon konnten wir die Besucher über unsere Erkenntnisse aufklären. Manche Fachkunden fanden es wirklich gut und unterstützen uns mit Ihren Bestellungen. Andere haben uns den Rücken zugekehrt… Wochen später kam dann doch eine Bestellung „Wir sind ja gegen Schraubverschluss aber unsere Kunden wollen den Johner Wein egal wie er verschlossen ist“.  Es gab aber auch genügend Kunden, die uns komplett den Rücken zugekehrt haben und uns seitdem nicht mehr im Sortiment haben…

Zum Glück war jedoch die Zahl der Unterstützer groß genug um weiterhin erfolgreich im Geschäft bleiben zu können.

Seit damals sind nun 10 Jahre ins Land gezogen. Bei unseren bisherigen „Johner Wein-Nachmittage“ hatten wir jeweils Vergleichsflaschen „Kork vs. Schraubverschluss“ aus dem Jahr 2003 und bei Rot aus dem Jahr 2002 geöffnet.

Die Weine sind definitiv in verschiedenen Reifezuständen. Die Korkvarianten sind weiter entwickelt und zerfallen im Glas viel schneller. Die Schraubverschlussvarianten sind am Anfang eher verschlossener und öffnen sich erst mit der Zeit im Glas.

Ich selbst durfte bei der 10 Years after Pinot Noir (Jahrgang 2003) Weinprobe vom Gault Millaut dabei sein, wofür ich sehr dankbar bin. 2003 war kein optimales Pinot Noir Jahr. Das Klima war zu warm und die Haltbarkeit hochreifer Spätburgunder ist doch begrenzt. Und genau deshalb waren viele Spätburgunder überreif, unelegant, zu alkoholisch … und was mich persönlich wunderte… zum Teil extrem Tannin-Bitter.

Tja, und in dieser Probe stand unser 2003er Blauer Spätburgunder »SJ«. Im Gegensatz zu allen anderen Weinen konnte man die einzelnen Frucht- und Aromakomponenten schön fein säuberlich voneinander unterscheiden. Keinerlei Überreife und klare z. Teil jugendliche Aromen. Wir hatten den Wein damals schon weich vinifiziert, so dass er am Gaumen ebenfalls schön rund war. Die größte Irritation war allerdings, dass er nicht wie aus dem Jahr 2003 schmeckte… sondern viel jünger… blind hätte man auf 2008 getippt. Es war also ein Wein, der nicht in eine „10 years after“ Probe passte… Mal schauen, vielleicht passt er dann eher in eine „20 years after“ Probe.

Unser größtes Problem, heute wie damals, sind unaufgeklärte Konsumenten, die beim Wein die falschen Wertvorstellungen ansetzen. Machen Sie Ihrem Lieblingswinzer Mut einen Teil seiner Spitzenweine unter Schraubverschluss zu füllen! Die Sammler werden dafür sehr dankbar sein.

Ein Gedanke zu „Unsere Erfahrungen mit dem Schraubverschluss…

  1. GuP sagt:

    Hallo Patrick,
    der Artikel gefällt uns gut und hat uns nur bestätigt. Auch wir waren skeptisch bei der Umstellung, sind noch im Besitz vieler „Altweine“ sowohl mit Kork- als auch mit Schraubverschluß und haben die gleichen Erfahrungen gemacht. Ein Höhepunkt im Jahr ist immer im ausgesuchten Kleinkreis von Liebhabern und Verstehern eine „Altweinprobe“ von Johnerweinen. Im letzten Jahr war der Favorit ein 2002’er SJ in der Schwarzkapsel. Wir freuen uns schon auf die nächste Probe am 29.11.14.
    GuP

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